Projektbeschreibung
Leitidee
Das vorgeschaltete Gutachterverfahren für den Bebauungsplan gibt klar definierte städtebauliche
Rahmenbedingungen für das Projekt vor. Hauptaufgabe für den Projektverfasser ist es, diese
Vorgaben durch entsprechende Reaktionen zu verdeutlichen. Eines der Ziele besteht darin, qualitativ
hochwertige Wohnungen anzubieten, welche in starkem Kontext zur Umgebung stehen. Eine besondere
Herausforderung besteht darin, auf die vorgegebenen Bebauungstiefen von bis zu 22 m mit einem entsprechenden
Typologie- und Erschließungssystem zu reagieren um wichtige Bedürfnisse wie Licht, Luft und
Sonne den Bewohnern nicht vorzuenthalten. Um möglichst viele Wohnungen mit der Qualität einer
zweiseitigen Belichtung und Belüftung auszustatten, werden größtenteils durchgesteckte
Typen angeboten. Lange, unbelichtete Mittelgänge werden vermieden - stattdessen wird auf eine
vertikale Erschließung zurückgegriffen. Um diese Vertikalerschließung zu ermöglichen,
wird im ersten Untergeschoss eine multifunktionelle Verteiler- und Foyerzone geschaffen, welche überdies
noch einen starken Bezug zur dahinterliegenden Kulturnutzung aufweist. Abwechslungsweise zu den Stiegen- bzw.
Liftkernen durchstoßen großzügig gestaltete Lichthöfe den gesamten Baukörper,
dadurch kann der Kern der tiefen Baukörper belichtet- und belüftet werden.
Erschließung
Die Hauptzugänge von der Breitenfurter Strasse und dem Liesinger Platz sind durch den Masterplan
vorgegeben. Ein entsprechendes Erschließungssystem muss dazu beitragen, dass die angedachte
Kulturnutzung im nördlichen, eher abgelegenen Teil des Planungsgebietes, möglichst attraktiv
und lebendig wird. Sowohl Bewohner als auch Besucher werden entlang der öffentlichen Durchgänge
zur Schnittstelle der Erschließungsebene -1 und Kulturplatz geführt. Dieses
Erschließungssystem ermöglicht es, den südlichen Platz zur Bebauung an der Breitenfurter
Strasse erschließungsfrei zu halten, und ein höheres Maß an Urbanität zu bewahren.
Von der Verteilerebene im ersten Untergeschoss bietet sich auch kommunikative und gemeinschaftliche Nutzungen
an. Wichtig wird der starke Bezug zum Kulturplatz angesehen.
Eine besondere Qualität liegt auch in einer direkten, sehr kurzen fußläufigen Verbindung zu
den direkt angrenzenden Stellplätzen in der Tiefgarage. Durch die Lichthöfe wird Tageslicht bis
zu diesen Erschließungszonen geführt.
Typologie
Im Sockelbaukörper werden die Wohnungen in einem Zweispännersystem erschlossen. Es entstehen
dadurch ausschließlich durchgesteckte Wohnungen mit extrem kurzen Erschließungswegen. Jeder
zweite Erschließungsturm durchdringt das Freigeschoss und erschließt den schwebenden
Schlangenbaukörper, welcher sechsspännig erschlossen wird. Dieser Wechsel der Typologie
führt zu einer differenzierten Vielfalt der Wohnungen - neben den durchgesteckten Wohnungen können
auch zwei- oder dreigeschossige Maisonettwohnungen das Angebot ergänzen.
Generationenwohnen / Flexibilität
Bei den Maisonettwohnungen in den oberen Geschossen ist eine Teilbarkeit in zwei bis drei Einheiten mit
eigenem Zugang möglich, was dem steigenden Bedarf an Generationenwohnungen und Flexibilität der
Grundrisse entspricht. Die durchgesteckten Wohnungen im Sockelbaukörper bieten die Möglichkeit,
durch zu- bzw. wegschalten eines Zimmers an der Nordseite, die Wohnungsgröße zu verändern.
Lichthöfe
Abwechselnd zu den Erschließungskernen durchstoßen trichterförmige Lichthöfe den
Baukörper. Diese gewährleisten eine optimale Belichtung und Belüftung der Mittelzonen der
Wohnungen. Fast alle Bäder und Küchen können somit natürlich be- und entlüftet
werden. Die Erschließung der Tiefgarage wird durch diese Lichthöfe zusätzlich aufgewertet,
da Tageslicht bis ins Untergeschoss langt. Zwischen Tiefgarage und Wohngeschossen sorgt eine horizontale
Glasabschottung für entsprechenden Schutz vor Abgasen.
Freigeschoss / Brücke
Das Freigeschoss wird von Bebauungen freigehalten - lediglich die Erschließungskerne werden durch
dieses zum oberen Baukörper weitergeführt. Sowohl öffentliche als auch halböffentliche
Nutzungen dieser zweiten Platzebene führen zu einer Belebung, welche durch eine Brücke zum
nördlichen Park mit Anschluss an die Kulturnutzung noch verstärkt wird. Die Brücke samt
separatem Stiegenkern ermöglicht eine barrierefreie Verbindung des Freigeschosses, des Kulturplatzes
und dem nördlich ansteigenden Platz.
Kulturplatz / Braukeller
Die zur Identität des Ortes maßgeblichen Braukeller werden freigelegt und erfahren durch
ergänzende Baukörper eine Neubelebung. Dem östlichen Teil wird eine Überdachung in
Form eines transluzenten Membrandaches vorgelagert, eine frei bespielbare Fläche entsteht im Zusammenhang
mit dem Keller. Die westlichen Keller werden mit einem Baukörper für kulturelle und soziale Zwecke
ergänzt. Teile davon für ständig eingemietete Institution die restlichen als
Gemeinschaftseinrichtung für die Wohnhausanlage. Eine Grünfläche bietet einen
zusätzlichen Grünfreiraum.
Fassade
Die Südfassade bietet den Nutzern großzügige Außenräume in Form von Loggien
oder Terrassen. Die Schiebe-Klapp-Läden in Blech- oder Aluausführung in den oberen 3 Geschossen,
sowie die größeren Schiebeläden im Sockelbaukörper, überlassen es dem Nutzer,
welchen Grad an Belichtung, an Ein- und Aussicht er haben möchte. Wahlweise sind auch gelochte
Elemente vorstellbar. Je nach Helligkeit entsteht eine wechselnde Einsichtigkeit von außen nach
innen oder umgekehrt. So entsteht für den Betrachter ein interessantes Spiel zwischen offen und
geschlossen, zwischen hell und dunkel, zwischen Schatten und Spiegelung, zwischen extrovertiert und
introvertiert über alle Geschosse. In der selben Materialität, aber weniger beweglich wird
der nördliche Teil ausgebildet.
Kunst mit Bau
"Raumwahrnehmung"
Kunst am Bau - nein, nicht wieder die nachträgliche Beschmückung von Objekten
Kunst mit Bau - Kunst im Bau - Kunst rund um den Bau - Kunst durchdringt den Bau
In diesem Projekt waren Künstler, Architekt und Bauträger bildlich vor dem ersten Strich
zusammengekommen und haben über neue Formen der Kombination von Architektur und Kunst unter den
sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen des sozialen Wohnbaus diskutiert.
Was kann Kunst für den sozialen Wohnbau leisten?
Identität |
Identifikation |
Humor |
Intensivität |
Fantasie |
Raumwahrnehmung |
Raumwahrnehmung ist uns als das wichtigste Element erschienen, die Klammer die dieses Projekt
zusammenhält. Das Thema unter dem sich Architekt und Künstler gefunden haben, dass vom
Bauträger unterstützt wird und letztendlich die Bewohner begeistern soll.
Die Arbeiten der Künstler und des Architekten sind Mittel zur Wahrnehmungsbildung für den Bewohner
und den Besucher. Einblicke, Ausblicke, Eindrücke, Ersichtlichmachungen und Neudefinitionen gewohnter
Elemente ermöglichen ein Wohnbauprojekt der ganz anderen Art - ein Wohnbauprojekt unter dem Titel
"Raumwahrnehmung"
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Verspiegelte Lichthöfe - Eva Schlegel
Die Lichthöfe werden über der Erschließungsebene mit einem nach oben verspiegelten Glasdach
versehen. Dies führt zu einer Konzentration der Lichtintensität innerhalb der Lichthöfe.
Die horizontale Ebene spiegelt den Himmel und vermittelt den Witterungszustand.

Farbgestaltung Orientierung - Heimo Zobernig
Das Motiv für die vorgeschlagene Farbgestaltung der Eingänge liegt dem Bestreben zugrunde, den acht
Eingängen sowohl Individualität als auch klare Widererkennbarkeit zuzuordnen. Die Gestaltung der
Eingangszonen soll über eine monochrome Wandmalerei geschaffen werden, die in ihrer Geschlossenheit
ein raumhaftes Farbwahrnehmungserlebnis ermöglicht und die durch die Verglasung auch nach außen
wirkt.
Die Farbauswahl basiert auf eindeutig beschreibbaren Farbwerten wie sie sich in der Sprache durch einfache
Farbbegriffe abbilden. Zu diesem Thema ist vom Künstler in vielen Bilderserien und auch in diversen
Publikationen (u.a. Farbenlehre, Ferdinand Schmatz / Heimo Zobernig, Springer-Verlag Wien New York, 1995)
gearbeitet und geforscht worden.
Die vorgeschlagene Farbabfolge ist eine von vielen Möglichkeiten und fordert dazu auf, auch über
andere Farbnachbarschaften (wie etwa Kontrast-, Komplementär-, Grund-Ordnungen etc.)
wie rot/gelb/blau/grün/orange/lila/türkis/braun,
rot/grün/blau/gelb/orange/braun/lila/türkis, blau/gelb/grün/rot/braun/orange/türkis/lila,
grün/gelb/blau/rot/türkis/lila/orange/braun u.s.w. zu spekulieren.

Deckengestaltung Freigeschoss - Ester Stocker
Die Decke des Freigeschosses wird mit einer durchgehenden grafischen Struktur versehen. Diese Struktur wird
von einem Raster abgeleitet, dessen Überlagerung zu einem komplexen Gefüge wird. Die
schwarz-weiße Struktur dient hier als dynamische Form, in die dreidimensionale Elemente eingegliedert
werden können: Stiegenhaus, Sitzbänke, Anschlagtafeln, Lichtkörper. Wichtig an diesem Entwurf
ist, dass "freie Form" und "funktionale Form" ineinander überfließen. Das heißt, eine Form
muss nicht sofort als Sitzmöbel erkannt werden um als solches benutzt zu werden. Die Idee dieser Arbeit
ist es, eine Struktur innerhalb ihrer eigenen Bedingungen veränderbar zu gestalten.
Materialwahl - Deckenstruktur in schwarzer Außendispersion, dreidimensionale Objekte je nach Anforderung
aus Beton oder leichtem Material, z.B. Holz

"Windskulptur" - Martin Walde
Die Gesamtheit der Arbeiten, die aus den Leichtbaumaterialien Keflar und Polyesterseide gefertigt sind,
heißt SIAMESE SHADOW. Die im speziellen für das Projekt Brauerei Liesing entwickelte Variante
trägt den Titel MANTA.
Siamese Shadow / Manta gleicht einem Blätterwald von 450 cm hohen Gebilden, die sich im Wind wiegen
und biegen wie die Vegetation. Kreisförmig angeordnet wie Blütenblätter oder
unregelmäßig verstreut wie Bäume und Pflanzen. Menschen die den Wind und Sonnenschatten
nutzen - es klingt ein wenig nach Urlaub und Freizeit in einer unwirklichen Welt. Die mehrere Quadratmeter
großen `Segel` bieten dem Wind eine große Angriffsfläche. Dieser Winddruck wird durch die
enorme Flexibilität der Konstruktion ausgeglichen.
Das gesamte Segel samt Keflarstangen wiegt nur 40 dag. Direkt am Boden werden die 2 Stangen mit Druckfedern
versehen, die dadurch wie Kippstangen funktionieren. Die große Segelfläche in Kombination mit den
Federn bewirkt eine langsame Bewegung des Segels, sobald Wind einwirkt oder dieses von Menschenhand bewegt
wird. Die Anzahl der möglichen Formen und Figuren ist groß, da MANTA praktisch in allen
Richtungen bewegt werden kann. MANTA dient nicht nur als in seinem Formenspiel variationsreicher Blickfang,
die Segel funktionieren vor allem in der warmen Jahreszeit als Sonnenschutz und sie eignen sich besonders
für die Schaffung individueller Nischen, welche die Grünfläche für verschiedene
Aktivitäten attraktiv machen. Manta stellt auch für Kleinkinder keinerlei Gefahr dar. Es kann
selbst von diesen mühelos bewegt und verformt werden.

"Besichtigungswohnung" - Marcus Geiger
Sozial Minimal Radikal Kapital - Wohnen ist gebaute, soziale Struktur. Der "Sozialbau" ist eine
positive, ökonomische Organisation: Das Zusammenrücken, das Stapeln Einzelner auf minimalem Platz
zu Masse. Die radikale Ordnung einerseits mit einem Fehler sichtbar machen, auch stören. Neue Ordnung
durch ein Hindernis thematisieren, in dem man z.B. mit diesem Versuch eine "Zelle" weglässt, rausnimmt
oder gar nicht erst baut. Sozusagen opfert, als wäre Verlust ein Gewinn und Luxus. Die
Einsicht-Durchsicht als "Raumwahrnehmung".

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